Nachdem uns die Weisung vom Stadtrat von Anfang Jahr positiv überrascht hat, kommt nun - 4 Monate und einige Lesungen der zuständigen Kommission später - die nicht ganz so überraschende Ernüchterung. Die vom Stadtrat vorgeschlagene jährliche Erhöhung der befristeten Subventionsbeiträge um eine Million Franken soll um die Hälfte gekürzt werden (s. Landbote vom 07.05.24)
Das ist ein herber Schlag ins Gesicht der Winterthurer Kultur und einer Kulturstadt nicht würdig, die die kulturelle Vielfalt hochhalten will und diese prominent als ihr Aushängeschild benutzt. Uns ist bewusst, dass es um die städtischen Finanzen nicht zum Besten steht, aber mit dieser Einsparung werden diese nicht gerettet. CHF 500’000 entsprechen 0,029 % des Gesamtbudgets - dafür setzt man ganz schön viel aufs Spiel. Nachdem bereits per 2024 CHF 100’000 in der Projektförderung eingespart wurden, würde diese Massnahme die kulturelle Vielfalt Winterthurs zusätzlich in Gefahr bringen.
Das Signal aus der Kommission stimmt nachdenklich und traurig. Es scheint als würde die Kultur von einer Mehrheit der Winterthurer Politik nicht ihrer sozialen und gesellschaftlichen Bedeutung entsprechend wertgeschätzt. Noch hat das Parlament eine Chance, das Gegenteil zu beweisen, indem es diesen Antrag nicht gutheisst.
Wir bleiben dran.
Die Winterthurer Kultur operiert seit 2017 mit unveränderten Subventionsbeiträgen (befristete Subventionsbeiträge für aktuell (Stand 2022) 22 Kulturinstitutionen). Sonst hat sich seither aber eine ganze Menge getan. Wir haben eine Pandemie er- und überlebt und seit einigen Jahren steht eine Teuerung ins Haus. Gesellschaftliche Ansprüche mehren sich und machen keinen Bogen um die Kultur.
Winterthur nennt sich Kulturstadt. Mit der per 01.11.2023 in Kraft gesetzten Kulturförderungsverordnung, bekennt sie sich (auch) auf Gesetzesebene dazu. In der Kulturförderungsverordnung ist festgehalten, dass die Kultur "angemessen" unterstützt gehört.
Unter "angemessen" verstehen wir, dass die Winterthurer Kultur, zeitgemäss unterstützt gehört. D.h., dass den verschiedenen aktuellen Gegebenheiten Rechnung getragen wird. Allein schon die Tatsache, dass die Kulturförderung - insbesondere die befristeten Subventionsbeiträge - die letzten acht Jahre unverändert geblieben sind, macht klar, dass jetzt was passieren muss.
Neben der rechtlichen Legitimation der Kulturförderung durch die öffentliche Hand, gibt es gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Gründe dafür. Die Kultur leistet im Gegenzug:
_ Lebensqualität
_ Beschäftigung
_ Wertschöpfung
_ Innvovation
_ Bildung und Demokratie
_ Reflexion und Sinnstiftung
Nicht zuletzt stiftet sie Identität und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Alles klar, Kulturstadt?
Budget 2024 und FAP 2025-2027 - eine erste Einschätzung
Studiert man das von der Stadt präsentierte Budget 2024 und die FAP 2025-2027 kann man daraus folgendes lesen:
Das Budget für Projektbeiträge wird per 2024 um satte CHF 100'000 gekürzt. Für die befristeten Subventionsbeiträge
ist in der FAP ab 2025 eine (bescheidene) Erhöhung von CHF 300'000 vorgesehen.
Das ist alles andere als zufriedenstellend und einer Kulturstadt nicht würdig. Etwas salopp könnte man sogar von einer Nullrunde sprechen: So hat das Parlament Ende 2022 CHF 200'000 vom Sommertheater aus dem Budget gestrichen. Zusammen mit der erwähnten Kürzung der projektbezogenen Beiträge landet man dann bei den CHF 300'000.
Wir bleiben dran!
Was für eine Erhöhung der Subventionsbeiträge und der Kulturförderung per 2025 spricht:
Es werden gerechte Löhne, Honorare und soziale Sicherheit gefordert. Nicht nur von der Kultur selber, sondern auch von der öffentlichen Hand und weiteren Geld-gebern wie Stiftungen etc.
Fakt:
2021 haben 60 % der Kulturschaffenden weniger als 40'000 verdient.
Die durchschnittliche Jahresteuerung 2022 betrug + 2,8 %
Prognose 2023/24: 2,2 % / 2025: 2,1 %
Die Kultur ist wie alle anderen auch mit steigenden Fixkosten konfrontiert.
Seit Anfang 2021 sind in der Schweiz die Preise um 6,3 % gestiegen.
Der Kanton Zürich unterstützt ab 2024 die Winterthurer Kulturinstitutionen mit einem grosszügigen "Mehr" an Betriebsbeiträgen. Das ist erfreulich, darf aber aufgrund des Subsidiaritätsprinzips nicht falsch gelesen werden. Zieht die Stadt hier nicht in angemessenem Rahmen mit, kann dies von kantonaler Seite bei der nächsten Runde Folgen haben.
Neuaufsetzung der Betriebsbeiträge
Auch wenn zu diesem Thema wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, würde der im Juni 2023 angenommene Mindestlohn für einige Kulturinstitutionen ein Problem darstellen. Eine nicht-repräsentative Umfrage der Kulturlobby bei ihren Mitgliedern hat gezeigt, dass dies bei rund 15 % der Fall wäre.
Die Erwartungen an die Kultur sind viel-seitig und die Herausforderungen gross.
Die wichtigsten Themen sind:
_ Nachhaltigkeit*
_ Diversität*
_ Teilhabe*
_ Arbeitsbedigungungen*
_ Transformationsfähigkeit*
_ Zugänglichkeit/Inklusion
_ Digitalisierung
*gem. Amt für Kultur: relevante "Quer-schnittsthemen" im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Institutionen.
Was, wenn das Budget für die Kulturförderung nicht substantiell erhöht wird?